Aug 24, 2023
Befestigungswerkzeuge für die EV-Montage
Wenn Monteure Batteriepakete in Fahrzeuge einbauen, entstehen Spannungen von bis zu 800 Volt. Um sicherzustellen, dass weder Menschen noch Material zu Schaden kommen, wird besonderes Augenmerk auf Sicherheit und Brand gelegt
Wenn Monteure Batteriepakete in Fahrzeuge einbauen, entstehen Spannungen von bis zu 800 Volt. Um sicherzustellen, dass weder Personen noch Material zu Schaden kommen, wird besonderes Augenmerk auf Sicherheit, Brandschutz und Montagemethoden gelegt. Foto mit freundlicher Genehmigung von Desoutter
Bis zu 33 Batteriepakete – jedes etwas größer als ein Schuhkarton – werden von einem Roboter in eine Autokarosserie eingesetzt. Ein automatisches Schraubsystem sorgt dann dafür, dass die Schrauben an Ort und Stelle bleiben. Foto mit freundlicher Genehmigung von Desoutter
Zur Qualitätssicherung an den Nacharbeitsplätzen kommt die Positionierungstechnik von Nexonar zum Einsatz. Mithilfe von Infrarottechnologie und einer Kamera erkennt das System genau, wo sich ein Schraubwerkzeug im Raum befindet. Foto mit freundlicher Genehmigung von Desoutter
Die Werkzeuge zum Schrauben in der Nähe von Hochspannungsbatterien sind zum Schutz der Arbeiter mit galvanisch getrennten Spannfuttern ausgestattet. Foto mit freundlicher Genehmigung von Desoutter
Dieser Akkuschrauber ist mit einem Nexonar-Transponder auf der Unterseite des Akkus ausgestattet. Dadurch lässt sich das Werkzeug millimetergenau auf einer Schraube positionieren. Foto mit freundlicher Genehmigung von Desoutter
Die Metalloberflächen dieses Werkzeugs sind mit einem elektrisch isolierenden Kunststoff beschichtet, um Kurzschlüsse von Batterien zu verhindern. Foto mit freundlicher Genehmigung von Desoutter
Die Notwendigkeit, die Reichweite von Elektrofahrzeugen zu erhöhen, zwingt die Automobilhersteller dazu, höhere Batteriespannungen einzuführen. Die meisten Pkw-Elektrofahrzeuge werden von einem 400-Volt-Akkupack angetrieben, während Elektrobusse und -Lkw von 600-Volt-Akkupacks angetrieben werden. Jetzt beginnen OEMs mit der Einführung von 800-Volt-Batteriepaketen für Personenkraftwagen.
Ein Batteriepaket für Elektrofahrzeuge besteht aus vielen einzelnen Zellen, die in Reihe geschaltet sind. Jede Zelle liefert 3,1 bis 4,2 Volt. Ein nominelles 800-Volt-System enthält etwa 198 in Reihe geschaltete Zellen, was eine Gesamtspannung des Akkus von 610 bis 835 Volt ergibt. Im Gegensatz dazu enthält eine Blei-Säure-Batterie für ein Benzinauto sechs Zellen in Reihe, was einer Gesamtspannung von 12 Volt entspricht.
Bei einem deutschen Automobilhersteller hat dieser dramatische Spannungsanstieg zu Bedenken hinsichtlich der Sicherheit am Fließband geführt. Wenn Monteure Batteriepakete in Fahrzeuge einbauen, entstehen Spannungen von bis zu 800 Volt. Um sicherzustellen, dass weder Personen noch Material zu Schaden kommen, wird besonderes Augenmerk auf Sicherheit, Brandschutz und Montagemethoden gelegt.
Ein weiteres großes Anliegen ist die Qualitätssicherung, denn die Schraubverbindungen der Akkupacks fallen in die Sicherheitsklasse A. Das bedeutet, dass bei einem Ausfall Gefahr für Leib und Leben besteht. Die Qualität der Schraubverbindung muss daher sichergestellt und dokumentiert werden, unabhängig davon, ob die Verbindungselemente manuell oder automatisiert montiert werden.
Befestigungswerkzeuge von Desoutter helfen dem Automobilunternehmen, beide Herausforderungen zu meistern.
Bis zu 33 Batteriepakete – jedes etwas größer als ein Schuhkarton, aber deutlich schwerer – werden einzeln in geschweißte Aluminium-Autokarosserien eingesetzt. Dies übernimmt ein Roboter an einem vollautomatischen Arbeitsplatz. Anschließend wird jede Packung mit vier Schrauben befestigt. Da Geschwindigkeit und Qualität von entscheidender Bedeutung sind, erfolgt der Einbau der Schrauben durch ein von Desoutter entwickeltes vollautomatisches System.
Vier miteinander verbundene Schraubspindeln verschrauben gleichzeitig und bringen dabei ein Drehmoment von bis zu 20 Newtonmetern auf. Die Schrauben werden automatisch von einem Stufenförderer aus einem Trichter zugeführt und über einen Schlauch zu jeder Spindel geblasen. Am Bauteil angekommen werden sie dann automatisch gleichzeitig eingestellt und synchron angezogen, um das endgültige Drehmoment zu erreichen.
„Die Schrauber werden von unserer Software gesteuert“, erklärt Maximilian Wien, Senior Account Manager für die Automobilindustrie bei Desoutter. „Die Zuführtechnik wird vom Maschinenbauer gesteuert, dem wir die Pneumatik und den Prozessplan geliefert haben. Die Dokumentation der Schraubdaten erfolgt im Shopfloor-Softwaresystem des Kunden, wofür wir die Schnittstelle liefern.“
Als die Montageplattform 2018 in Betrieb ging, war der Autobauer der erste, der bei seinen Elektromodellen mit 800 Volt arbeitete. „Das war damals eine große Herausforderung, denn wir mussten die Arbeiter an Handarbeitsplätzen entsprechend schützen“, erinnert sich Wien. „Alle Schraubverbindungen, die nach der automatischen Montage als ‚nicht in Ordnung‘ eingestuft werden, werden zur Nacharbeit an Handarbeitsplätze weitergeleitet.“
Nacharbeiten an den Batterieanschlüssen und manuelle Montage der Stromschienen werden mit Desoutter-Kabel-Winkelschraubendrehern durchgeführt. „Um die Arbeiter zu schützen, verwenden wir galvanisch getrennte Schraubfutter“, erklärt Wien. „Außerdem sind die Metalloberflächen der Schraubendreher mit einer Kunststoffbeschichtung versehen. Denn setzt der Werker einen unisolierten Schraubenzieher auf das Bauteil, kann es zu einer Überbrückung zweier Pole und damit zu einem Kurzschluss kommen. Um dies zu verhindern, wird alles abgedeckt, was Strom leitet.“
Die Normen, die den Umgang mit Hochspannungs-Schraubverbindungen im Automobilbau regeln, stammen ursprünglich aus dem Baugewerbe. Viele OEMs und Zulieferer fordern die Einhaltung solcher Standards als Bezugspunkt.
Eine weitere Sicherheitsmaßnahme ist die Überwachung aller Akkupacks mittels einer Wärmebildkamera. Die Pakete werden mit fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTS) von einer Station zur anderen gefahren. Sollte die Temperatur eines Moduls den Grenzwert überschreiten, wird das AGV automatisch aus der Halle geschleust.
Neben der Arbeitssicherheit ist die Qualitätssicherung an den Nacharbeitsplätzen ein großes Thema. Nexonar-Positionierungstechnologie von Desoutter hilft. Mithilfe der Infrarot-Technologie erkennt das System genau, wo sich das Befestigungswerkzeug im Raum befindet. Voraussetzung ist lediglich Sichtkontakt zwischen einer speziell ausgestatteten Kamera und einem Infrarot-Tracker am Werkzeug. Der Tracker sendet ein unverwechselbares LED-Signal aus, das von der Kamera erkannt wird.
Die Software des Systems speichert die Raumkoordinaten der Station und kann so die Position des Trackers im Verhältnis zu den Befestigungsorten zum Zeitpunkt der Montage bestimmen. Am Bauteil angebrachte Referenztracker übermitteln zudem dessen genaue Position. Die Software stellt dann sicher, dass der Werker den Schraubendreher nur an der gewünschten Befestigungsstelle einsetzen kann. Darüber hinaus führt die Software den Mitarbeiter Schritt für Schritt durch den Montageprozess, wodurch die Effizienz gesteigert und Fehler vermieden werden. Die Software dokumentiert außerdem die Position jedes Teils während der Montage und sorgt so für eine vollständige Rückverfolgbarkeit.
Das System zum Laufen zu bringen war „herausfordernd, aber machbar“, erinnert sich Wien.
„Bei der Positionierung arbeitet das System mit einer Genauigkeit von ±1 Millimeter“, erklärt er. „Natürlich müssen Toleranzen in der Bauteilpositionierung und dem Spiel der Werkzeugausgabe berücksichtigt werden. Insgesamt mussten wir an dieser Station zwei Schraubpositionen unterscheiden können, die nur 16 Millimeter voneinander entfernt sind.
„Schon die galvanische Trennung bringt ein gewisses Spiel mit sich“, fährt er fort. „Und das erhöht sich entsprechend mit etwas 150 Millimeter Länge. Zudem befindet sich das AGV nicht immer an der gleichen Stelle mit der Komponente. Obwohl es auf einem Magnetband in die Station gelangt, gibt es Abweichungen von 25 bis 30 Millimetern.“
Solche Positionierungsfehler der AGVs werden mit zwei Referenztrackern am Bauteil ausgeglichen.
Die Nacharbeitsplätze selbst sind mit vier Kameras ausgestattet, die das Bauteil stets im Blick haben. Diese Gesamtanordnung gewährleistet eine sichere Positionierung auch unter schwierigen Bedingungen.
„Mithilfe der beiden Tracker am Bauteil können wir dessen genaue Position ermitteln“, erklärt Wien. „Das heißt, es spielt keine Rolle, wo genau sich das AGV befindet. Denn solange sich das Bauteil im Sichtfeld der Kameras befindet und die Referenztracker sichtbar sind, werden die Abweichungen neutralisiert und wir können die 16-Millimeter-Toleranz einhalten.“
Die Tracker befinden sich auf gegenüberliegenden Seiten der Fahrzeugkarosserie. Anhand von CAD-Daten des Fahrzeugs ermittelten die Ingenieure die optimale Position der Tracker für das Ortungssystem. Anschließend erstellten sie mithilfe des 3D-Drucks eine Vorrichtung, um die Tracker konsistent zu lokalisieren. Wenn das AGV die Station betritt, setzt der Arbeiter die Tracker ein und entfernt sie, bevor das Werkstück den Nachbearbeitungsbereich verlässt.
An jedem der drei Schrauber ist ein weiterer Tracker fest installiert, der zur genauen Positionsbestimmung des Werkzeugs dient. Die Stromversorgung erfolgt über das eLink-System von Desoutter. Die Referenztracker am Werkstück sind mit einem 18-Volt-Akku ausgestattet, der eine Laufzeit von drei bis vier Wochen pro Ladezyklus gewährleistet. Die Positionierung wird durch die Assembly-Scout-Software von Desoutter und einen eigenständigen Controller vervollständigt, der die Kameras unabhängig vom System des Kunden verwaltet.
Nacharbeiten unter HochspannungWerkzeugortung mithilfe der IR-Technologie